Oh Mann. Schönen Feiertag zusammen.

Geduld und Warten ist ja absolut nicht meine Stärke. Vor allen Dingen dann nicht, wenn man volles Programm hat, ne?

Freitagnachmittag in Bochum. Mein Tagesplan ist minutiös ausgetüfftelt. Nach der Arbeit fix nach Hause, flott zum Juwelier und zur Schneiderei watt abholen, eben kurz noch einkaufen und danach die Bude putzen. Alles kein Problem. Eigentlich…Wenn sich nicht schon wieder die Welt gegen mich verschworen hätte.

Jaja, ich weiß. Ich soll bei diesen Übungen, bei denen mir das Leben so übel mitspielt, endlich lernen geduldig zu sein. Ist ja ähnlich wie in den Momenten mit diesen ganz speziellen Leuten, die so das Gegenteil von den Lieblingsmenschen sind, woll? Ihr kennt das ja, man bekommt solange dieselben Typen vorgesetzt, bis dass man aus ihnen gelernt hat. Und wenn man diese Lektion dann irgendwann verstanden hat, sind sie wech. Für immer. Es ist so. Glaubt mir. Ich hab es mehrfach erlebt. Und wenn ich jetzt endlich lerne geduldig zu sein, muss ich bestimmt nie wieder warten! Ich schwör!!! 😂😂😂

Zurück zu meiner ersten Geduldsprobe beim Juwelier. Nicht, dass Ihr meint, ich gönne einem extrem verliebten Paar nicht die schönsten Eheringe, die es käuflich zu erwerben gibt. Aber muss es ausgerechnet DANN sein, wenn ich noch so viel vorhabe? Die jungen Leute kaufen doch sonst immer alles im Internet. Sogar ganze Wohnungseinrichtungen, die dann die armen DHL-Fahrer in den vierten Stock schleppen müssen. So kriegt man auch günstig nen Umzug hin und braucht keine Helfer, woll? Voll kluch! Na, in diesem Fall sind unsere young people offensichtlich doch wieder ganz altmodisch und shoppen live im Städtle. Die beiden scheinen etwas unentschlossen zu sein und die hübsche junge Frau ist augenscheinlich sehr anspruchsvoll und noch voller Illusionen.

„Du Schatz, sagt der Bräutigam und greift zu einem eher preiswerteren Schmuckstück, “wie findest Du dieses Paar denn? Die sind doch schön schlicht aber trotzdem irgendwie edel, oder?“ Sein Schatz antwortet sehr entschieden: „Ne, die machen nicht so viel her, wir heiraten doch nur einmal im Leben, da will ich schon etwas Besonderes, die sind mir dann doch zu gewöhnlich…“

Schneckschen, ich bin zwar etwas unruhig wegen meines noch zu schaffenden Tagespensums, denke aber bei mir: „Oha, Du Süße, ich gönne Dir Deinen Lebenstraum wirklich von ganzem Herzen. Aber die Realität kann knüppelhart sein. Ich erzähle Dir jetzt nicht, dass mittlerweile jede zweite Ehe geschieden wird. Das weißt Du ja schon. Ist ja auch Quatsch, Du gehörst eh zu der anderen Hälfte, die auf Anhieb Glück hat. Ganz bestimmt!“

Die ausgiebige Ringeaussuchaktion bedeutet jetzt für mich? Warten, nicht allzu genervtes Gesicht ziehen und fröhlich sein! Es soll schließlich der schönste Tag im Leben des Paares werden. Da will ich nicht direkt am Anfang schon rumzicken. Man hat ja auch eine Mitverantwortung an einem solch wichtigen und historischen Tag, woll? Quasi. Nicht, dass das Pärchen in fünfzig Jahren händchenhaltend auf der Parkbank sitzt und wie folgt resümiert:

Er immer noch schwer verliebt: “Du Schatz, heute haben wir Goldene Hochzeit. Es war eine wunderbare Zeit mit Dir. Ich habe nichts, aber auch gar nichts bereut und würde Dich jederzeit wieder heiraten!”
Sie schwelgend in Erinnerung: “Ja, unser gemeinsames Leben war wirklich wie ein langer schöner Traum. Bis auf die doofe Tusse damals, als wir die Ringe beim Juwelier ausgesucht haben. Die hatte es ja schwer eilig. Weißt Du noch?”
Er “Stimmt, dusselige Kuh die, hat uns den ganzen Tag versaut und alles nur, weil sie noch putzen mußte!”

😂😂😂

Endlich bin ich dran, kriege meine Uhr mit neuer Batterie zurück und verschwinde nach einer halben Minute in einem Affenzahn aus dem Geschäft zur Schneiderei. Super, der Laden ist völlig leer. Nicht ein Kunde in Sicht. Jipppiieh! Jetzt hol ich die verlorene Zeit ruckzuck auf. Gottseidank. Plötzlich klingelt das Telefon im Lädchen. Es scheint eine nicht leicht abzuwimmelnde Kundin zu sein, die Schneiderin lächelt nach fünf Minuten etwas gequält in meine Richtung. Ich lächle ebenfalls gequält, aber doch noch etwas verständnisvoll, zurück. Ich kann Leute auch nicht so abwürgen. Schon gar keine Kunden. Die arme Frau kann ja nix dafür, dass ich heute so einen Stress habe…

Bedeutet für mich nun wieder was genau? Richtig! Warten und fröhlich sein! Ich will nicht philosophisch werden, aber DAS scheint meine wahre Bestimmung an diesem Tag zu sein…

Jetzt nur noch nach Kaufland Frischwurst und Erdbeeren für meine Marmelade besorgen. Vor der Fleisch- und Wursttheke ist es pickepackevoll. Vier Kunden vor mir mit jeweils zehnerlei Wünschen. Hier zwei Scheibchen, da drei Grämmchen. „Ach ja, was ich schon immer mal fragen wollte, wo genau liegt denn eigentlich der Unterschied zwischen dem Wacholderschinken und dem Kaiserschinken?“ Boah Manno, googel doch zu Hause, aber halt bittebitte den Verkehr hier nicht so auf, gute Frau! 🙁

Ich schnaufe etwas lauter. Meine Not wird größer. So langsam wird’s eng für mich, wenn ich die Bude heute noch sauberkriegen und Marmelade kochen will. Jepp, jetzt bin ich endlich an der Reihe! Leute, das ist jetzt echt KEIN Scherz. Ich mache gerade den Mund auf und meine Lage Schwarzwälder Schinken liegt auf der Waage und plötzlich…schmack…auf allen Monitoren, drei an der Zahl, schwarzes Bild. Abgeschmiert sind se. Habt Ihr DAS schon mal erlebt, dass hinter einer Fleischtheke sämtliche Waagen abgestürzt sind? Na, ich hatte jedenfalls Premiere!
Nach einer Viertelstunde war das System immer noch nicht wieder hochgefahren und ich entschied mich ohne Wurstwaren nach Hause zu fahren um die Hütte wenigstens noch zum Wochenende sauber zu bekommen. Man muss Prioritäten setzen und flexibel sein. Dann gibt’s eben nur Marmelade am Wochenende. Ist eh gesünder und hat weniger Kalorien….glaub ich…😂

Um dem ganzen jetzt noch die Krone aufzusetzen. Das Beste kommt ja bekannterweise immer zum Schluss. Laufe also im Stechschritt mit meinem Kilo Erdbeeren quer durch den Laden zur Kasse. Gut, dass ich alle Abkürzungen kenne. Vor mir sehe ich schon eine ältere Dame mit Rollator und ziemlich viel Ware im Korb an der Gehhilfe. Ich sehe natürlich auf den ersten Blick, dass das hier auch etwas länger dauern kann. Bin ja ein Fuchs und springe an die Kasse daneben, woll?

Kleiner Tipp von mir gefällig? Achtet nicht ausschließlich auf die Kunden, die sich vor Euch einfädeln, sondern werft auch kurz einen Blick auf die Verkäufer, die an der Wunschkasse sitzen und abkassieren. Wenn da nämlich ein Berufsanfänger sitzt, geht das auch nicht sooo sonderlich flott…puh, geschafft! Jetzt wird geputzt! Endlich!!! 😂😂😂

Eure Bine

Rezept: TM5 Grundkochbuch