Teil 2 Kickern – Das Doppel mit dem Stadtmeister

Tja, Ihr lieben Bines Thermi-Welt Leser, mein damaliger Freizeitjob-Chef war ein wirklich gewiefter Geschäftsmann. Das muss ich sagen. Er brachte mir entgeltlich das Kickern bei und das hatte für ihn doch gleich zwei geniale Effekte.

Zum einen hatte er durch meinen Ehrgeiz in dieser Lernphase natürlich eine äußerst günstige Arbeitskraft für sich selbst geschaffen (jedes verlorene Spiel kostete mich 2 DM, Ihr erinnert Euch, woll? ) und zum anderen lernte er da ja gerade jemanden an, dessen Potential ihm später noch einmal sehr nützlich sein konnte.

Ja, der Mann hatte klare Visionen, bei allem, was er tat.

Wie ich bereits erwähnte, spielte der Bursche, als ich schlussendlich gut kickern konnte, kein einziges Einzel mehr mit mir. Das allein hätte mir schon zu Denken geben müssen. Aber nü, ich war gerade achtzehn Jahre alt und hatte leider noch nicht die Klarheit von heute…

Jedenfalls wurden wir beiden in den darauffolgenden Jahren ein echt traumhaft gutes Team im Doppel. Tja, mache dir deinen ehemaligen Gegner einfach zum Teamkollegen. Nicht sooo dumm, was?

Mein Boss spielte vorn im Sturm perfekt. Mit seinen drei Angriffsspielern schoss er ein Tor nach dem nächsten. Fast jede Aktion saß sicher. Jo, und ich war in der Abwehr die Frau an der Stange. Mein Torwart war so gut wie unschlagbar und meine scharfgeschossenen Tore, aus der Defensive heraus, wirklich legendär. Ungelogen.

Unter normalen Umständen, wohlgemerkt!

Jau, und da ich eben “nur” eine Frau war, wurden wir auch das meistunterschätzte Team in seiner Schmallenberger Diskothek. So etwas kann zuweilen ein psychologisch nicht außer Acht zu lassender Vorteil sein. Kinners, Ihr wisst Bescheid, woll?

Irgendwann, es war mal wieder weit nach Mitternacht, saßen noch zwei Typen vor dem Tresen. Es stellte sich heraus, dass einer von den beiden Stadtmeister im Kickern war. Mein Chef spitzte sofort seine Ohren, während ich noch ahnungslos meine Biergläser vor mich hin spülte.

Chef: „Hey Jungs, Lust einen im Doppel auszukickern?“ Die beiden schauten sich etwas irritiert um, sahen aber keinen zweiten Spielpartner mehr und fragten recht selbstbewusst: „Häh, wie jetzt? Ein Doppel? Mit wem willste denn verlieren?“

Mein Boss sah in meine Richtung: „Bine, Lust auf ein Doppel?“

Na klar. Ich war natürlich immer dabei!

Die beiden Typen lachten laut auf. Haha, eine Frau und Kickern. Boah, wie mich sowas nervte. Schrecklich diese Vorurteile.

Dann ging es weiter, der Stadtmeister warf großschnäuzig einen geringschätzenden Blick auf mich: „Gut. Zwei Gewinnspiele. Das Gewinnerteam kriegt hundert Mark!“

Mein Chef nur so: „Okay!“

Watt? 100 D-Mark? Mit mir? Oh Gott, wenn wir den verlieren, muss ich 50 Schleifen bezahlen!

Hatte ich womöglich an diesem Abend völlig umsonst gearbeitet und mein schwer verdientes Geld verzockt? Ich sah schon bildlich meine Felle schwinden, konnte aber leider keinen Rückzieher mehr machen. Dafür war es schon zu spät. Auweiha.

Und dann auch noch mit einem frisch gebackenen Stadtmeister.

Meine Knie fingen an zu zittern. Ich fühlte mich elend. Mann, das war schon sehr viel Geld, was ich da einfach so verspielen sollte. Ne, irgendwie hatte ich echt keine risikofreudige Spielernatur…

Tja, was soll ich Euch jetzt zum weiteren Verlauf der Nacht erzählen? Nie spielte ich so schlecht wie in dieser ersten Spielrunde.

Offensichtlich waren meine Nerven für sowas nicht geschaffen. Ruckizucki stand es 5:1 für unsere Gegner und ich sah absolut keine Möglichkeit, irgendwie noch die Oberhand zu bekommen. Dabei spielten die beiden gar nicht sooo übermäßig gut zusammen. Mist! Was war denn nur los mit mir?

Mein Chef und ich waren doch eigentlich dagegen, in jeder anderen Situation, ein absolut eingespieltes Dream-Team. Normalerweise. Gut, wenn es nur um ‘ne Cola ging. Aber einhundert Euro für nur zwei verlorene Spiele?

Das war dann doch etwas zuviel für mich. Ich war in diesem Augenblick einfach nur unglaublich nervös und bekam rein gar nix auf die Kette. Als stünde ich zum ersten Mal vor diesem Sportgerät. Unfassbar, dass Nerven so mit einem durchgehen können…

Das erste Spiel verloren wir lang 6:1. Seitenwechsel. Kaum, dass ich die Stangen in der Hand hielt, hatte ich schon das nächste Tor kassiert. Nix ging mehr. Ich sah uns schon völlig frustriert und mit gesenktem Kopf die Kohle auf den Tisch legen.

Und dann passierte das eigentlich Unglaubliche. Mein Chef sah plötzlich klar, wo genau mein Problem lag und raunte mir von der Seite zu: „Bine, komm, jetzt is auch egal. Wenn wir verlieren gehen die 100 Euro komplett auf mich!“

Aus psychologischer Sicht jetzt nicht sooo furchtbar ungeschickt, woll?

Der Druck war ad hoc weg und ich wurde, von einer Sekunde auf die nächste, ruhiger. Mein Torwart stand auf einmal wieder wie eine Eins. Die ersten Bälle flogen uns um die Ohren, trafen aber nicht unser Tor.

1:1. Ausgleich.

“So Bine”, sagte ich zu mir selbst, “kann doch nix passieren, die Kohle biste definitiv nicht los. Also, bleib weiter cool. Du kannst es doch! Zeig es den Knaben!”

Im Handumdrehen hatten wir das zweite Spiel mit 6:4 gewonnen. YES. So muss datt. Das war doch wieder ich! Jetzt war ich wieder die Alte. Dusselige Nerven!

Das dritte Spiel gewannen wir souverän mit 6:3. Jawoll! Dieses Ergebnis war nur angemessen für unsere wirklich gute Leistung ab dem zweiten Spiel.

Tja, Kinners, und das Beste an dieser Story kommt mal wieder zum Schluss: wer jetzt denkt, ich hätte meinen hart erfighteten Anteil von fünfzig Euro ausgezahlt bekommen, der sehe sich nunmehr getäuscht. Mein Chef steckte sich die Kohle, ohne mit der Wimper zu zucken, komplett selbst in die Tasche.

“Na, schließlich habe ich auch das volle Risiko allein getragen”, waren seine abschließenden Worte und ich schaute recht dumm in die Röhre.

Kann man jetzt moralisch verwerflich finden oder auch nicht. Ich selbst habe es unter der Rubrik “Lebenserfahrungen” abgespeichert. Auch daraus habe ich gelernt und dieses Ereignis hat mir definitiv selbst nicht geschadet.

Und wenn es am Ende nur dafür gut gewesen wäre, Euch heute eine weitere kleine Geschichte aus meinem Leben zu erzählen, woll?

Jetzt aber endlich das Rezept. Ihr habt prima durchgehalten. Glückwunsch! Es gibt eine köstliche Erbsensuppe mit Würstchen zu Mittag. Schmeckt klasse. Ich hatte übrigens eingeweichte Erbsen. Sicher ist sicher. Mahlzeit, woll?

Eure Bine

Rezept: Erbsensuppe