Schneckschen, wie läuft das denn eigentlich in Euren Ämtern so ab? Hallo zusammen. Ich wüsste ja zu gerne, ob sich überall die gleichen Dramen abspielen.

Fallbeispiel: Erneuerung eines Personalausweises. Bochum Anno 2018.

Ich sitze um 8:30 Uhr in der Früh im Wartebereich des hiesigen Einwohnermeldeamtes. Meine gezogenen Nummer: A052. Auf dem Bildschirm, der über mir hängt, kann ich lesen, dass Bürger A038 gerade dabei ist, abgefertigt zu werden. Na super, “nur” noch vierzehn Leute vor mir. Puh. Kann sich ja nur noch um Stunden handeln…

Zweidrittel der Mitbürger unserer Stadt starren gebannt auf ihr Smartphone. Die einen spielen, die anderen informieren sich bestimmt auf irgendwelchen Nachrichtenseiten. Schätze ich mal. Glotz ja nicht jedem gleich unverschämt aufs Display, woll?

Vielleicht sind sogar ein paar Leute auf Fatzebuk? Wie ich jetzt gerade. Aber das wird irgendwann auch langweilig, deshalb beobachte ich die Szenerie nun gespannt. Echte Menschen angucken mach ich, trotz Smartphone, immer noch gern. Ihr auch?

Drei Rentner mit langen Bärten sitzen am Tisch neben mir. Sie spielen Skat. Ich schreib jetzt nicht, was ich gerade denke, ne?

Nur soviel: Ich krisch Angst!

Eine Mutter mit ihrem kleinen Jungen hat zwei große Tragetaschen mit Spielzeug dabei. Autos, eine Ritterburg und einen kompletten Bauernhof. Mit Trecker. Ich hoffe sehr für die Dame, dass sie für gleich die wichtigen Dokumente nicht vergessen hat. Dann heißt es nämlich neuen Termin machen und? Rischtisch: Nummer ziehen, wieder warten und das Kind bei Laune halten!

Ein junger Mann, mir gegenüber, liest gerade ein Buch. Mmmh, momentchen Freunde, ich guck mal, ob ich den Buchtitel erhaschen kann. Jepp Kinners, kann ich tatsächlich, just in diesem Augenblick, gut sehen. Mönsch, der Mann ist ja mal perfekt auf diese Situation vorbereitet. Boah. Echt gute Wahl!

Er schmökert gelassen in “Warten auf Godot”. Das Buch kenn ich. Hab ich früher mal in der Schule durchgenommen. Gnadenlos guter britischer, später nach der Unabhängigkeit Irlands dann irischer Autor. Samuel Beckett. Extraklasse!!!

Das Buch kennt Ihr sicherlich auch, ne? Na logisch, das ist doch die Geschichte in der zwei Landstreicher auf einen dritten Typen warten. Der kommt natürlich nie und Fragen tun sich während dieser elenden Warterei auf. Gibt es diesen Godot überhaupt? Und wenn ja, was um Himmelswillen wollen diese Leute von ihm? Sind sie mit ihm verabredet?

Sämtliche Dialoge der beiden und die Clownerien der Protagonisten im Buch dienen ausschließlich nur einem Zweck: sie sind der Zeitvertreib, der das Warten überbrücken soll.

Und ich, meine lieben Leser, warte zwar nicht auf Godot aber auf meine Nummer. Ihr erinnert Euch? A052. Immer noch. Die Anzeige über mir blinkt gerade erneut auf. A047. Jawoll, jetzt kommt Bewegung in die Sache! Yes, wer sagts denn, geht doch. Da sage mir noch einer, die Beamten pflegen täglich ausgiebig ihren Büroschlaf. Stimmt gar nicht. Das waren heute höchstens zwei Stunden. Mehr bestimmt nicht!

Plötzlich kommt ein DHL-Paketbote in einem Affenzahn reingeschneit. “Bürschen”, denke ich noch so bei mir, “so gehts ja nun wirklich nicht. Nix mit vordrängeln hier – Nummer ziehen, sonst gibts abba Laffka hier, woll?”

Da läuft der Typ einfach so an uns Wartenden vorbei. “Na, ich glaub ich lüge. Na gut, ich seh’s ja ein. Hast heute sicherlich noch einige über Amazon bestellte Katzenfutterpakete und Fitnessgeräte in den fünften Stock zu wuppen. Bin ja kein Unmensch, woll? Okay, kannst vor, Burschi!”

Gerade kommt eine total sympathische türkische Familie mit einem Grill in Originalverpackung rein. Die wollen sicher anschließend anne Ruhr runter und “mal eben” hier auf dem Amt was erledigen. Oder wollen sie gleich direkt vor der Tür des Amtes grillen?

Mmh, kann auch sein, man weiß ja nie, ob man zu Mittag schon hier raus ist. Der kluge Bochumer Bürger baut eben vor. Die Mutter hat sicher auch lecker Börek mit Kartoffelfüllung, Sucuk und Baklava in ihrer Kühltasche. Vielleicht sogar mit Pistazienfüllung? Tolle Vorstellung. Oh, ich liebe Baklava!

Und da hab ich sie plötzlich. Die absolut revolutionäre Idee, Schneckschen. Einfach so, unvermittelt. Bähmm!

Bei meinem nächsten Besuch im Einwohnermeldeamt kauf ich mir vorher ne Kiste voll mit Powerbanks. Diese Dinger, mit denen man Smartphone-Akkus wieder aufladen kann. MEGA. Die verkauf ich dann während meiner Wartezeit im Amt. Ich kann mich da ja auch einfach jeden Nachmittag hinsetzen und die Teile verhökern.

Ach, ich seh mich schon von Tisch zu Tisch laufen und fragen: “Du wolle Powerbank kaufe? Kinners, ich werde reich. Das ist doch DIE Marktlücke, oder was meint Ihr?

Okay, und wenn ich damit doch nicht reich werde, dann gehe ich eben wieder in meine Küche und schmeiße den Thermi an. Schmackhaftes Essen ist ja auch schon irgendwie, wie reich sein, woll? Es kommt eben immer drauf an, ob man die Dinge, die man hat, auch entsprechend schätzen kann.

Bei uns gibt’s jetzt auf jeden Fall erst einmal Spaghetti Carbonara – wie beim Italiener.

Na, ich weiß nicht, die richtige Carbonara macht der gemeine Italiener aber nicht mit Sahne, woll? Möglicherweise ist der Koch beim Lieblingsitaliener der heutigen Rezeptautorin vielleicht ein Grieche, oder Spanier, oder Schwede oder so. Ach egal. Die Carbonara war lecker. Ich mag sie mit Sahne. Auch in diesem Gericht. Hab nix zu meckern heute! Greift zu und habt einen schönen Nachmittag!

Eure Bine

Rezept: Spaghetti Carbonara