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Guten Morgen zusammen!

Bereit für eine gar gruselig anmutende Geschichte am frühen Sonntagmorgen?

In neun Tagen ist Halloween, liebe Leute, da wollen wir thementechnisch und mental auf dieses Ereignis doch alle bestens vorbereitet sein, oder etwa nicht?

Okay, Ihr habt die Wahl!

Selbst Schuld, wenn Ihr nun trotzdem weiterlesen möchtet…

Das einsame Haus im Wald

In einem düsteren und von unzähligen Spinnweben durchfluteten, schwer maroden finnischen Blockhaus in einem kleinen sauerländischen Wäldchen, nähe der Ortschaft Bad Fredeburg, lebte eine uralte, pockennarbige Hexe namens Hulda Knubbelknerkelken.

Sie war bereits fünfhundertundzwei Jahre alt und ihre langen zotteligen, aschgrauen Haare hatte sie ungelenk unter einem pechschwarzen Hexenhut mit großer Krempe versteckt. Selbst für eine Hexe war das schon ein wirklich stattliches Alter. ‍

Ein dicker roter Pickel zierte ihre riesige Hakennase und lenkte ein wenig von dem schwer lückenhaften Gebiss ab, welches einem, bei jedem noch so leichten Grinsen ihrerseits, schier das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hübsch war anders.

Hulda liebte es, ihre Opfer mit einem sehr speziellen Wirsingeintopf zu quälen, der aus verdammt vielen gehaltvollen, geheimen und sehr kalorienreichen Zutaten bestand. Jeder, der ihn probierte, hatte spätestens am Tag darauf direkt zwei Kilo mehr auf den Rippen.

Mindestens!

Unter den zweihundertdreiundsechzig Dorfbewohnern, die ein kleines Örtchen namens Arpe in der Nähe des Waldes besiedelten, leider sehr gut bekannt als der “Wirsingeintopf des Todes”.

Eines Abends, es fing gerade heftig an zu regnen, klopfte ein Reisender an Huldas Tür.

Er hatte sich vermutlich im dunklen Wald verirrt. Der heftige Schlag des Türklopfers, der im Maul eines abgeranzten Löwenkopfes aus Metall befestigt war, hallte eindringlich durch den sonst so ruhigen Forst.

Der Mann klopfte dreimal.

Poch! Poch! Poch!

Plötzlich verstummten die Tiere des Waldes, es war auf einmal totenstill. Kein Mucks war mehr zu hören.

Der Mann, sein Name war George, hatte absolut keinen blassen Schimmer, dass er kurz davor war in die Fänge einer Hexe zu geraten. Die ja meistens bekannt dafür waren, nichts wirklich Gutes im Schilde zu führen. Die plötzliche Stille beunruhigte ihn ein wenig, aber er war einfach zu schlapp um umzukehren und weiterzulaufen.

Hulda hatte den Ankömmling schon von Weitem hören können, auf Menschenschritte waren ihre empfindlichen Ohren seit Jahrhunderten spezialisiert. Sie lächelte auf eine etwas teuflische Art und öffnete erwartungsfreudig ihre Eingangstür.

“Komm nur herein Fremder”, raunte sie ihm einschmeichelnd zu, “ich war gerade dabei ein Teil des heute frisch geschlachteten Rindes für das Abendessen anzusetzen, Du hast doch sicherlich Hunger mitgebracht, nehme ich an?”

Dem Besucher war die Alte etwas unheimlich, aber nach der tagelangen Reise per pedes durch das Land der tausend Berge, war er viel zu erschöpft um die Einladung abzulehnen.

Und aufs Klo musste er auch.

Deshalb willigte er ein: “Ja gerne, ich bin wirklich sehr hungrig und kraftlos von der langen anstrengenden Reise!”

Die alte Hexe zeigte ihm zuerst das Stille Örtchen und brachte den ahnungslosen Reisenden danach in ihre kleine, aber erstaunlicherweise gut ausgestattete, Küche.

Mittendrin eine offene Kochstelle und ein wackeliger Tisch mit drei notdürftig zusammengeflickten Stühlen. Auf dem Tisch, vermutlich als einstige Dekoration, verwelkte Vergissmeinnicht. Dramatischer gings kaum!

Sie bot ihm eine der Sitzgelegenheiten nahe der Kochstelle an. George legte seinen Mantel über einen Stuhl und setzte sich, wie gewünscht, auf den zugewiesenen Platz. Etwas mulmig war ihm dabei schon zumute. Aber er wischte seine Bedenken beiseite.

Dann sah er sich interessiert in der Hütte um.

Viele verschiedene, extrem scharfe Messer hingen an der linken Wand. Ein großer schwerer Mörser stand neben der toten Zierpflanze drapiert auf dem Tisch. Sogar ein kleines Hackebeilchen, an dem noch frisches Blut klebte, lehnte achtlos am Tischbein. Es hatte seinen Dienst an diesem Tag wohl zufriedenstellend verichtet, nahm George an.

An der Wand gegenüber der Kochstelle glotzten ihn die traurigen Augen eines Rothirsches mit riesigem Geweih an. 12 Ender. Mausetot hing er da. Ausgestopft, der Arme! Was für ein irres Ambiente! Nicht gerade sehr vertrauenserweckend für den weiteren Verlauf des Abends.

Ganz hinten in der Ecke, auf einer separaten Eichen-Kommode, sah man sogar eine von diesen verflixten Küchenmaschinen mit Hochleistungs-Industriemotor hervorblitzen.

“Oh mein Gott! Grauenvoll! Diese schrecklichen Töpfe waren aber auch überall anzutreffen, “dachte George leicht angenervt.

Wie nannte man sie noch gleich? Miraculix, Troubadix, Verleihnix?

Ach ne – Thermomix wars!

Und dann auch noch das olle 2014er Modell, der TM5.

Fürwahr eine richtige Höllenmaschine, die sich so edelstahlglänzend irgendwie schlecht in den sonstigen, uralten und morschen Einrichtungstil integrieren ließ und Raum für allerleih wilde Spekulationen offen ließ.

Was die Alte wohl darin für knüppelharte Zutaten schredderte? Gar Knochen? Doch nicht etwa Schädel?

Oder wofür brauchte sie hier mitten im einsamen Wald ein elektrisches Gerät, welches ein Mixmesser aus rostfreiem Edelstahl besaß und elftausendzweihundert Umdrehungen/pro Minute schaffte?

Hulda bot ihrem Gast, übrigens ein stattlicher gutaussehender Mann mit gepflegtem 3-Wochen-Bart und graumeliertem Haar, der optisch schwer an George Clooney erinnerte, einen Platz nah an der Feuerstelle an und begann mit ihrem ungewöhnlich anmutenden Kochritual.

Seine gesamte Aufmerksamkeit war jetzt voll auf die alte Hexe gerichtet!

Zuerst warf sie eine Rinderbeinscheibe, Lorbeerblätter und angesetzten Rinderfond zum auskochen in den alten Kessel und rührte kräftig um. Der etwas strenge Fleischgeruch stieg in den Raum auf und sie strich sich angestrengt und schwitzend eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Dann nahm Hulda die geräucherten Mettwürstchen, die aussahen wie abgeschnittene Finger, und ließ sie langsam und genüsslich in den Topf gleiten.

Die Karotten wurden mit allerleih bösen Zauberformeln beschworen und verwandelten sich in grimmige Gesichter, die fortan im Eintopf lauerten und nicht lagen. Der durchwachsene Speck glitt lautlos in den Kessel. Wie von Zauberhand. Nicht mal der Rinderfond schlug davon an der Oberfläche Wellen.

Zuletzt fügte Hulda den Porree und die Kartoffeln hinzu, die bereits von unglücklichen Seelen befallen waren, so lautete zumindest ihre begleitende Erklärung.

Ihr gruseliger Eintopf blubberte und brodelte gefährlich vor sich hin, bereit, den armen Mann geruchstechnisch in den kompletten Wahnsinn zu treiben.

 

Als die alte Hexe nach eineinhalb Stunden George eine Schüssel ihres diabolischen Werkes servierte, konnte dieser sich jedoch dem fantastischen Geruch kaum noch entziehen.

Es war wie Folter in der letzten Stunde!!

Und so nahm er zuerst einen kleinen Löffel und probierte vorsichtig den Eintopf.

“Was für ein unglaublicher Schmaus Hulda, “rief er voller Begeisterung aus!

Und unser Beau löffelte in Folge den halben Topf aus. Er konnte einfach nicht aufhören zu essen. Was war denn das? Sowas hatte er, in der Tat, noch nie gekostet!

So geschah es, wie es kommen musste. Nach kurzer Zeit löste er die Gürtelschnalle und ein stattliches Bäuchlein kam zum Vorschein. Sein Hemd platzte aus allen Nähten und Huldas teuflischer Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein amüsiertes Lachen.

Der einst gutausschauende George mutierte innerhalb weniger Stunden zu einem totalen Normalo. Was für ein furchtbares Schicksal.

Und die Moral von der Geschicht?

Willst Du dickes Bäuchlein nicht – nimm bloß Abstand vom Gericht!

The End!

Wenn Euch das aber nach meiner kleinen Halloweengeschichte völlig wumpe ist, da isset, datt gute Stück. Haut rein!

Herbstlicher Bochumer Wirsingeintopf
(für ca. 10 Personen)

Zutaten:

1 Rinder-Beinscheibe
800 ml Rinder Fond
3 Lorbeerblätter

1 Wirsingkopf (ca. 1,5 Kilo)
3 große Karotten
5 mehligkochende Kartoffeln
1 Stange Lauch
7-8 geräucherte Mettwürstchen

1 EL Butterschmalz
1 EL Zwiebelschmalz
250g durchwachsenen Bauchspeck zum Garen
2 Zwiebeln
1 Knoblauchzehe

2 TL Salz
1 TL Pfeffer
2 TL Paprika edelsüß
1 TL Muskat

5 Wacholderbeeren
3 Nelken
2 EL selbstgemachte gekörnte Brühe

1 EL Apfelessig
1 Prise Zucker
Schmand
Petersilie nach Geschmack

Zubereitung:

1. In einem großen Topf die Beinscheibe mit 800 ml Rinderfond und den drei Lorbeerblättern eine Stunde sanft köcheln lassen.

2. Während der Garzeit den Wirsing waschen und in mundgerechte Stücke schneiden. Karotten schälen, in Scheiben oder kleine Stücke, Kartoffeln schälen und in etwas gröbere Würfel schneiden. Den Lauch putzen, halbieren und in feine Scheiben schneiden. Zwiebel und Knoblauch schälen und würfeln. Mettenden in Scheiben, geräucherten durchwachsenen Speck in kleine Würfel. Die Speckschwarte aufheben.

3. Nach gut einer Stunde dürfte das Fleisch der Beinscheibe weich gekocht sein. Aus dem Topf nehmen und das magere Fleisch ebenfalls in mundgerechte Stücke schneiden. Den Rest entsorgen. Lorbeerblätter entfernen. Die Fleischbrühe in einem Litermaß auffangen und bis zu einem Liter mit Wasser auffüllen.

4. Jetzt beide Schmalzsorten im Topf mit dem Speck erhitzen. Zwiebeln und Knoblauch zugeben und glasig schwitzen. Nun die Karotten, den Lauch und die Speckschwarte dazu, kurz mit anrösten.

5. An dieser Stelle den vorbereiteten Wirsing und das zarte Beinscheibenfleisch dazufügen. Mit der zur Seite gestellten Fleischbrühe auffüllen. Mit Salz, Pfeffer, Paprika edelsüß und Muskat würzen.

6. Die Wacholderbeeren und Nelken in ein kleines Gewürz- oder Tee-Ei füllen und verschließen. Das Ei zum Wirsing legen. Gekörnte Brühe dazu. Den Wirsingeintopf 30 Minuten mit Deckel schön schmurgeln lassen.

7. Danach die Kartoffeln und die Mettwürstchen dazu und weitere 20 Minuten kochen lassen. Abschmecken mit Apfelessig, Zucker, Schmand und etwas Petersilie.

Bei Bedarf noch nachwürzen. Ich denke aber, das wird nicht nötig sein. So isser perfekt. Gewürz-Ei und Speckschwarte entfernen und in vollen Zügen genießen. Am besten sogar erst am Folgetag, dann ist der Bochumer Wirsingeintopf herrlich durchgezogen.

So. Das wars mal wieder! Meine Halloween-Story ist ja einigermaßen glimpflich ausgegangen. Gottseidank! Dreht Euch nochmal um. Is Sonntag.

Tüskes und bis die Tages, woll?

Eure Bine