Meine lieben Leser,

schön, dass Ihr wieder so zahlreich erschienen seid. Hoffe ich jetzt mal, woll?

Findet Ihr nicht auch, dass unser Gehirn einfach nur fantastisch ist? Manchmal braucht man nur einen speziellen Geruch in der Nase und schwupps werden alte vernetzte Nervenzellen sofort wieder reaktiviert und rufen Dinge in Erinnerung, bei denen einem einfach nur warm ums Herz wird.

Beim Kochen dieser köstlichen Hühnersuppe war es mal wieder soweit. Dieses Süppchen werde ich wohl, ewig und drei Tage, mit einem unglaublich genialen Menschen in Verbindung bringen…

Ich muss so um die zwölf Jahre alt gewesen sein, im Kunstunterricht gings um das Thema Porträtzeichnungen und wie die Anordnung von Augen, Nase und Mund zu sein hat. Nein, Ihr Lieben, eine Nase befindet sich NICHT mitten im Gesicht. Das sähe wirklich extrem komisch aus, glaubt mir.

Prädestiniert bei diesem Thema weiterzuhelfen war ein äußerst interessanter Dorfbewohner, der ebenfalls in meinem sauerländischen Heimatörtchen lebte. Go Schneider hieß der gute Mann. Eigentlich Gottfried Schneider.

Ich bin, wenn ich das so richtig in Erinnerung behalten habe, sogar mit ihm verwandt gewesen. Meine Oma väterlicherseits und seine Mutter waren Schwestern, mein ich. Ich kann mir sowas nicht so gut merken.

Go war nicht nur ein begnadeter Künstler sondern noch dazu ein unglaublich lieber, freundlicher und hilfsbereiter Mensch. Auch über die Dorfgrenzen hinaus, war er überall total beliebt und gern gesehen.

Meine Freundin und ich statteten ihm also an diesem schulfreien sommerlichen Samstagmorgen einen Besuch ab und wollten eigentlich nur von ihm wissen, wie er denn seine Porträts zu zeichnen bzw. zu malen pflegte und ob unsere theoretischen schulischen Ansätze, die man uns vermittelt hatte, auch wirklich der Wahrheit entsprachen. Kritisch waren wir ja damals schon, dass muss ich sagen.

Außerdem war das DIE Gelegenheit mal zu gucken, was er da alles in seinen kreativen Räumlichkeiten so auf Leinwand und Papier brachte. Wie Ihr Euch sicherlich vorstellen könnt, spielte unsere Neugierde bei dieser Aktion keine sooo untergeordnete Rolle.

Kinners, auf so einem Dorf muss man schon selbst gucken, dass es spannend bleibt, da wird einem nix einfach mal so auf einem Silbertablett in kleinen mundgerechten Häppchen serviert, woll? Da musste die Action eben selbst machen…

Wir klingelten, ich gebe zu mit etwas klopfendem Herzen bei ihm an, weil wir ja nicht wirklich wussten, ob wir mit unserem spontanen Anliegen wirklich so willkommen waren.

Aber Go Schneider war uns gegenüber total offen und bat uns beiden Mädels so umwerfend herzlich in sein Atelier, sodass wir uns nach kurzer Zeit schon total wohl bei ihm fühlten.

Er zeigte bescheiden seine Werke und fragte überraschend, ob wir nicht Lust hätten uns von ihm porträtieren zu lassen. Wir waren zutiefst beeindruckt von seiner lieben Art und seinem großen Talent.

Mädels, was für eine Frage! Selbstverständlich hatten wir Lust dazu. Riesige Lust sogar.

Nachdem die absout treffende Zeichnung meiner Freundin fertig war, kam ich an die Reihe. Inzwischen, es war fast Mittagszeit, zog der Duft einer herrlichen, frisch angesetzten Hühnersuppe, die seine Mutter kochte, durch das uralte Bauernhaus.

Seit diesem Tag erinnere ich mich bei diesem leckeren Hühnersuppen-Geruch zu gerne zurück, wie wir beiden Mädels, stolz wie Bolle, jede eine Bleistiftzeichnung unserer eigenen Gesichter in den Händen hieltn. Selbstverständlich mit Go’s Signatur darunter. Diese Geschichte war und ist für mich heute noch etwas ganz Besonderes! 😍😍😍

Traurigerweise ist mein Porträt im Laufe der Jahrzehnte verschwunden. Schade, ich hätte es gern heute nochmal in den Händen gehalten, aber die wundervolle Erinnerung kann einem ja niemand mehr nehmen, woll?

Go Schneider ist leider schon vor vielen Jahren verstorben. Keine fünfzig Jahre alt ist er geworden. Die Guten gehen oft zu früh, oder? Äußerst schade finde ich, dass man heute im Internet so gar nichts über ihn lesen kann. Er hätte es so verdient gehabt posthum auch über sauerländische Grenzen hinaus bekannt zu werden. Ich finde, ein Wikipedia-Eintrag wäre das Mindeste für diesen außerordentlich feinen Menschen und Künstler gewesen!

Aber nun habe ich ihn mit diesem Post ja ein klein wenig im Netz verewigen können.

Ich hoffe jetzt, ich habe Euch heute nicht allzusehr gelangweilt mit meiner Story und bestenfalls habt Ihr sogar ein bisserl Lust auf Hühnersuppe bekommen. Das wäre schön.

Eure Bine

Rezept: Hühnersuppe